In einem vom Alkoholismus mitgenommenen Dorf wie Curahuasi kann man Sonntag morgens um sieben auf dem Hauptplatz, dem Plaza de Armas, durchaus Menschen mit Fahne begegnen. Der Anblick ist so traurig wie der süßlich-verbrauchte Geruch der konsumierten Chicha.
Knapp drei Stunden später findet sich allwöchentlich eine größere Ansammlung an Menschen mit Fahnen im Wortsinne ein, um selbige an die Spitze der Fahnenmaste zu befördern. Dieser an sich simpler Vorgang wird mit großem Zeremoniell zelebriert. Nach einer kurzen Rede wird vor dem Hissen der National- und der Komunalflagge jeweils die entsprechende Hymne angestimmt. Sind beide Tücher an ihrem Ort, wird noch im Desfilierschritt über den Platz marschiert. Jede Woche ist es eine andere Institution, die die Ehre hat, zwei Repräsentanten an den Leinen die Fahne nach oben ziehen zu lassen und anschließend über den Platz zu marschieren.
Vermutlich ist es der Nationalstolz der Deutschen, nicht patriotisch zu sein. Das scheint mir Teil unserer nationalen Identität zu sein. Diese Überlegenheit abzulegen fällt schwer, dementsprechend auch das Verständnis für diesen Akt.
Als am vergangenen Sonntag Diospi Suyana dran war, hieß es dann für mich zum ersten Mal Mitmarschieren. Das ganze war kurz und schmerzlos. Es war mir peinlich, den Text der Hymnen nicht mitsingen zu können. Den sollte ich vielleicht fürs nächste mal aus Respekt auswendig lernen, obwohl der gesamte Ablauf wichtigtuerisch auf mich wirkt.
Spaß macht die Wichtigtuerei allerdings schon, allein schon als Anlass, Anzug zu tragen.