Juvenfest

Natürlich gibt es Gründe dafür, dass nur selten Blogbeiträge kommen (und so viele wie diese Woche nur dann, wenn ich an einem Abend so sehr in Stimmung bin, dass ich gleich drei auf einmal vorprogrammiere, so wie gerade jetzt).

Bei diesen Gründen handelt es sich in der Regel um unregelmäßige Extraaktivitäten, wie zum Beispiel: das Juvenfest (Obwohl die Wortschöpfung deutsch anmutet, ist sie aus den spanischen Wörtern juventud und festival hervorgegangen).
Das Konzept dazu stammt von meinem Arbeitskollegen Abner, der aus der Metropole Lima kommend, bei der Betrachtung der hiesigen Situation zu dem Schluss gekommen ist, dass man den Jugendlichen hier mal was Ordentliches bieten sollte.

Während ich mir vorstellen kann, dass Rockgottesdienste in seiner Gemeinde in Lima im Wochenplan, wenn nicht gar auf der Tagesordnung standen, läuft da in Curatown eher wenig.

Dass die Globalisierung trotz Abgelegenheit bis hierher schwappt, zeigt sich ganz besonders bei den Jugendlichen: Sie hängen in Internetcafés ab, ihre Kleidung ist der amerikanischer Marken zum verwechseln ähnlich und die Interessen wären auch sonst wo nicht ungewöhnlich: Da wären beispielsweise Downhill-Biking und Dota 2. Jeder hat Facebook. YouTube-Videos auf dem Smartphone sind mit höherer Wahrscheinlichkeit Gesprächsthema als das Fernsehprogramm des Vorabends.

Der Gedanke, dass man den Jugendlichen also mehr bieten muss, um etwa einen Jugendgottesdienst attraktiv für sie zu gestalten (so attraktiv, dass sie auch kommen), liegt also nicht fern. Und aus eigener Erfahrung würde ich sagen, dass die Verfügbarkeit etwa technischer Vorzüge die Notwendigkeit von Jesus nicht reduziert. Die Gottesbeziehung ist ja nicht weniger wertvoll, es muss nur eine höherer Aktivierungspotentialtopfrand überwunden werden, um sich mit dem Thema Glaube auseinanderzusetzen.

Und wenn die nötige Aktivierungsenergie über farbige Scheinwerfer und angemessene Schallpegel übertragen werden soll, dann gibt es eben ein Juvenfest mit einem Flyer, der dem einer WiWi-Party in nichts nachstehen muss:

Neben einem ausführlichen musikalischen Teil wird auch ein dramaturgisches Anspiel zur Mensaje (Predigt) hinführen. Dass ich von der Probe kommend von für drei Blogbeiträge ausreichende Kreativität strotzte, stimmt mich hinsichtlich des Ergebnisses zuversichtlich.

Am Wochenende wurden schon mal die Scheinwerfer konfiguriert.

Letztlich bleibt wie immer bei dieser Art von Veranstaltung der Zwiespalt, dass man sich einerseits nicht lumpen lassen möchte, es andererseits jedoch niemals auf die Performance ankommt. Denn bei der handelt es sich ja notwendigerweise um eine Show. Bei der biblischen Schilderung der Speisung der 5000 (nachdem die Speisung selbst anscheinend spontan geschah kann sie nicht der Grund für die zuhörenden Menschenmengen sein) sucht man vergeblich nach der Bandliste.

Aus diesem Grund möchte ich diejenigen Leser, die nicht seit zwei oder mehr Absätzen mit dem Kopf schütteln, um Unterstützung im Gebet bitten.

So eine Schleifmaschine ist schon was Feines!

In der letzten Woche sorgte wieder einmal ein medizintechnisches Gerät für Abwechslung. Doch nicht nur das, sondern die einzurichtende Maschine faszinierte mich aufrichtig.

Im Zahnlabor ist es ganz normaler Alltag, den Gebissabdruck mittels eines 3D-Scanners einzuscannen. Der neu gelieferte leistungsstarke Computer mit gespenderter Software (die so wertvoll ist, dass sie durch einen Dongle, einen speziellen nicht-kopierbaren USB-Stick, der während des Betriebs immer im Computer stecken muss, gegen Raubkopie geschützt wird) wandelt die Bilder in Echtzeit in ein 3D-Modell des Gebisses um. Aus vom Techniker gewählten Parametern wird die Geometrie einer passenden Krone berechnet, die dann optional noch nachmodelliert werden kann. Die Krone kann dann sofort auf der neuen großen Schleifmaschine geschliffen werden, sodass die Krone nach 20 Minuten schon fertig sein kann.

Das ist sehr gut, denn im wachsenden Team arbeiten momentan 4 Zahnärzte, deren Bestellungen das Labor ohne die Hightech-Unterstützung gar nicht bedienen könnte.

Links: Zahntechnikermeister Tibor Minge scannt mittels der neuen Software.
Rechts: Die Schleifmaschine, kurz vor dem Start.

Fleißige Artgenossen zu Besuch in Curahuasi

Schon zum Jubiläum waren die beiden angereist, denn schon von der Gründung vor zehn Jahren an hat das Ehepaar Schmiedecke das Krankenhaus Diospi Suyana unterstützt,  nur dass zu jenem Zeitpunkt vom heute stehenden Krankenhaus noch nichts zu sehen war. Doch weder ihre Vereinsmitgliedschaft, noch die aus Deutschland mitgebrachten Süßigkeiten stellten die größte Freude ihres nun dritten Besuchs dar, sondern die kompetente und erfahrene Verstärkung in unserem IT-Team. waschechten Informatiker sind nämlich zum Arbeiten gekommen.

Ilse ist Dozentin für HCI (Human Computer Interaction, dabei handelt es sich um die Kunst der Mensch-Maschine-Interaktion, oder, anders ausgedrückt, um diejenige Disziplin, deren Ziel es ist, dass Computer den Nutzer nicht zur Weißglut bringen) und sie nutze ihren dreiwöchigen Urlaub, um die Prozesse in unserer Consulta Externa zu analysieren und ein Konzept für die von Ärzten lang ersehnte digitale Unterstützung der selbigen zu erstellen. Bei der Consulta Externa handelt es sich um die Sprechzimmer der Ärzte, in denen Untersuchung, Beratung, möglicherweise eine ambulante Behandlung oder die Planung einer Operation, die Verordnung von Medikamenten und die Anordnung weiterer Analysen, etwa in Form von Laboruntersuchungen oder bildgebenden Verfahren, stattfindet. Insbesondere bei letzteren wird momentan nämlich noch viel Papier hin und her geschoben und auch die Patientenakte nimmt einen viel zu weiten Weg durch das Krankenhaus auf sich.
Sie hat Benutzergespräche geführt und eine Vorlage für die Benutzeroberfläche erstellt. Ihre Fähigkeit, dabei alles möglichst benutzerfreundlich zu gestalten, ist bei den Ärzten bestimmt gut investiert!

Vielen Dank für Deine großartige Hilfe, Ilse, und dafür, dass Du dafür auf Deinen Urlaub verzichtetest!
Und natürlich dafür, dass Du uns Uwe noch länger dagelassen hast.

Uwe Schmiedecke hat viel Erfahrung mitgebracht. Die hilft nicht nur, weil sie ihn fachlich zu einem Experten macht, der schon bei seinen beiden vorigen Einsätzen Großartiges geleistet hat, sondern die ganze Erfahrung bringt außerdem den Vorzug mit sich, dass Uwe nicht mehr arbeiten muss. In Deutschland zumindest. Dass er nämlich schon in Rente ist merkt man ihm zwar nicht an, doch es erlaubt ihm einen großzügig langen Einsatz von drei Monaten!

Obwohl wir ihn also noch etwa zwei Monate bei uns haben, ist er schon sehr weit gekommen: Uwe wird nicht nur unsere (nicht mehr weiterentwickelte) MySQL-Datenbank auf eine MariaDB-Datenbank umstellen, sondern auch eine Replikation einrichten. Die sorgt dann dafür, dass, sollte eines Tages unser Datenbankserver ausfallen, innerhalb von Minuten ein vollwertiger Ersatz zur Verfügung steht, sodass mit allen Daten fast sofort weitergearbeitet werden kann. Das ist sehr sinnvoll, denn die Sterblichkeit von Servern, beträgt, wie bei Menschen, 100%. Während diese Zahl den Menschen den Menschen hoffentlich zur Beschäftigung mit seinem Seelenheil führt, ist man bei Computern gut beraten, sie niemals unersetzlich werden zu lassen. Ein deutlich pragmatischerer Ansatz also, dem Uwe in diesen Tagen in die Praxis verhilft.

Einfach Spitze, dass Du da bist, Uwe!

Das Fest

Fortsetzung des letzten Beitrags.

Fotografieren? War nicht vom Filmen die Rede gewesen? Doch, allerdings wurde das kurzfristig leider doch abgesagt, weil die Direktion die teuren Kameras nicht in Laienhände geben wollte. Aus diesem Grund ohne besondere Aufgabe hatte ich eigentlich vor, erst mal den Blogbeitrag zu schreiben und dabei trotzdem noch rechtzeitig zum Festbeginn um 9:00 zu erscheinen, bis mich plötzlich der Anruf erreichte (das nenne ich echte Just-in-Time-Planung feinster peruanischer Qualität), man bräuchte noch jemanden zum Fotografieren. Ich schnappte mir meine Kamera mit den glücklicherweise aufgeladenen drei Akkus und gedachte zunächst, im Mototaxi den Weg zum Krankenhaus schneller zurückzulegen.

Die Straße war jedoch durch die Polizei gesperrt, so dass ich mich dann zu Fuß besonders beeilen musste. An der Stelle, an der die Straße zum Krankenhaus von der Panamericana abzweigt, erblickte ich eine große Menge demonstrierender Lehrer mit Sprechchören und Schildern. Es waren viele Polizisten präsent und ich musste mehrere Polizisten-Ketten passieren.

Angekommen wurde ich mit schicker Medienzentrums-Weste, Ersatzkamera und Presseausweis ausgestattet. Die Polizei bestand bei Beginn der eigentlichen Zeremonie leider darauf, alle „Pressefotografen“ in den Presseblock zu verbannen, von wo aus mit meiner maximalen Brennweite von 50mm nicht mehr viel zu machen war, da wäre professionelle Ausrüstung vorteilhaft gewesen.

Das Fest selbst lief ohne Störungen ab. Höhepunkt für viele Gäste war natürlich der Besuch des peruanischen Präsidenten Pedro Pablo Kuczynski. Er konstatierte in seiner Rede mit prägnanten Worten, es gebe bei Diospi Suyana zweierlei: „corazón y conocimiento“ – Herz und Fachwissen (mein Kollege Abner meinte später, da sei ihm wohl noch der zentrale Punkt entgangen), versprach den Curahuasinern eine bessere Trinkwasserversorgung und machte sich die Gelegenheit zu Nutze, um  die streikenden Lehrer zur Rückkehr zu ihrer Arbeit aufzufordern, eine Forderung, auf die sich das staatliche Fernsehen in der Berichterstattung fokussierte.

Dabei ging es uns um etwas völlig anderes: Das 10-jährige Bestehen des wachsenden Krankenhauses (es wurden immerhin bei diesem Anlass die zweite, die Bettenzahl verdoppelnde Station und auch das Gebäude der Orthopädiewerkstatt eingeweiht) ist für alle, die seine Geschichte kennen, ein Grund zur Dankbarkeit, dass dieses Werk existiert und Hilfe leisten kann. Für alle, die seine Geschichte kennen, ist dabei auch klar: Ohne Gott wäre es nicht mal zur Einweihung gekommen. Was für ein Fest sind da 10 Jahre Bestehen! Ich bin sehr froh, dass ich gerade hier sein darf und sogar ein bisschen stolz, diese Arbeit unterstützen zu dürfen. Das Fest hat diese Freude sehr gut ausgedrückt: Im Amphitheater waren vor allem Bewohner aus der nahen Umgebung versammelt, die gemeinsam mit den Mitarbeitern und Gästen an diesem Fest der Freude und Dankbarkeit teilnahmen.

Wie schade wäre es gewesen, wenn das Fest komplett abgesagt worden wäre. Dass es dazu beinahe gekommen wäre, habe ich erst am Abend beim Gespräch mit meinem Chef Benjamin erfahren (er ist nicht nur IT- sondern auch Sicherheitschef). Am Morgen schien der Polizei die Kontrolle fast zu entgleiten. Sehr eindrücklich liest sich dazu der dreiteilige Bericht aus Klaus‘ Perspektive:

A – eine Chronologie – Adrenalinspiegel am Anschlag

B – eine Chronologie – vielleicht doch?

C – eine Chronologie – wie in einem Traum