Construcción.

Wie allgemein bekannt ist, bietet Diospi Suyana, neben dem Krankenhaus und der Schule, auch Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche, die sogenannten Kinderclubs, die von engagierten peruanischen wie „importierten“ Mitarbeitern ehrenamtlich betreut werden. An zweien davon beteilige auch ich mich: Am Teens-Club für die Älteren wie auch am Exploradores-Club, dessen Aktivitäten denen einer Pfadfindergruppe ähneln.

Die Kinder im Exploradores-Club hatten in den letzten drei Wochen fleißig Knoten geübt. Jeden gemeisterten Knoten durften die Kinder an ihre Knotenbretter nageln und dieses schließlich als Trophäe und Nachschlagewerk mit nach Hause nehmen.
Doch was bringen schon Knoten an der Wand wenn ihre Nützlichkeit in der Praxis nicht selbst erkannt und das Wissen nicht im wahrsten Sinne des Wortes mit der Realität verknüpft worden ist?

Am vergangenen Freitag sollten die Kinder das Gelernte unbedingt beim Bau eines stabilen Zeltgerüsts anwenden dürfen.

Die große Herausforderung bei jeder Bauaktion: Alle Kinder gleichzeitig mitmachen und dabei Spaß haben zu lassen.

Weil mich gerade in dieser Woche die Planung „tocarte“ (gebräuchlicher Deutsch-Spanisch-Mix, „ser tocado por algo“ = mit etwas dran sein), legte ich bei dieser als Informatiker besonders großen Wert auf die Parallelisierbarkeit der einzelnen Arbeitsschritte und flexible Synchronisationsverfahren.

Der Aktion vorausgehend konstruierte ich einen Prototypen:

Und testete dessen Stabilität in ausführlichen Last- und Stresstests:

Beim Lasttest wurde die Reaktion auf erwartete Belastungen gemessen.

Beim Stresstest ging es hingegen um extreme unerwartete Belastungen.

Die Geometrie der Konstruktion wurde in vier Dreiecke aufgeteilt. Die Dreiecke selbst würden unabhängig voneinander parallel konstruierbar sein. Die Verknotungen der einzelnen Ecken eines Dreiecks würde wiederum gleichzeitig stattfinden können, um auf diese Art und Weise die Auslastung der Ausführungseinheiten (=Kinder) zu maximieren.

Laufzeitunterschiede der einzelnen Gruppen sollten nicht zum Idling (=Unterbeschäftigung der Kinder) führen, sondern die als erstes die Arbeit beendeten Gruppen sollten sich dem Verknüpfen der Dreiecke widmen.

Der erste handgezeichnete Plan erschloss sich vermutlich nur dem Ersteller:

Zur Dokumentation und Kommunikation mit den Teamleitern (und aus Spielerei) wurde daher ein 3D-Modell erstellt (zwei der im Bild vorhandenen Streben wurden in der Praxis doppelt ausgeführt, um die Dreieckszerlegbarkeit zu gewährleisten):

Neben dem Ballestrinque (Webelein) und dem Kreuzknoten (Nudo cuadrado) sollten drei verschiedene Arten von Bünden zum Einsatz kommen: Orthogonalbund, Parallelbund und Diagonalbund.

Die Planung lohnte sich, denn die Kinder waren wirklich mit Eifer bei der Sache:

Der Junge ganz rechts war zum Club kilometerweit aus dem Bergdorf Palmira angelaufen gekommen – auf Gummisandalen.
Obwohl er zum ersten Mal dabei war, gehörte er gleich zu den eifrigsten Mitmachern.

Bei der finalen Konstruktion war es dann doch nicht mehr möglich, dass jedes der Kinder etwas zu tun hatte.
Wir beschäftigten manche mit einem IO-intensiven (IO=Ein-/Ausgabe) Prozess: Flüsterpost.

Bei diesem Spiel handelt es sich zudem aufgrund der Geräuschemission um den heimlichen Favorit der Mitarbeiter.

„Und wir begrüßen herzlich bei Radio Diospi Suyana…“

„… die Ingenieros Benjamin Azuero, Miquias Achahui und Christian van Rensen.“

So ähnlich begann vor knapp zwei Wochen ein Live-Interview im Medienzentrum zum Thema „Soziale Netzwerke“.

Für eine Sendung, in der regelmäßig Tipps zu Gesundheit und anderen alltäglichen Themen gegeben werden, aquirierte man uns spontan aus dem Nebengebäude als Experten, als es um das Thema soziale Netzwerke ging.

Zu dritt (auch wenn zum Aufnahmezeitpunkt des Bildes nur Miquias und ich anwesend waren) machte es uns großen Spaß, die Zuhörer über Risiken, Chancen und Tipps im Umgang mit sozialen Netzwerken aufzuklären.

Übrigens: Das Diospi-Suyana-Radio kann man manchmal online hören.

werdender Aushilfs-Kameramann

Für das 10. Diospi Suyana-Jubiläum fehlen dem Medienzentrum Kameramänner. Ich bin Teil des Personals der IT-Abteilung, das mit großer Freude beschlagnahmt wurde, um dem Mangel abzuhelfen. Ende August werden meine Kollegen und ich gemeinsam die Ehre haben, die im Amphitheater stattfindende Veranstaltung, zu der sogar der peruanische Präsident PPK eingeladen ist, nicht nur aufzunehmen, sondern sogar live auszustrahlen. Die Reichweite dieser Ausstrahlung hängt davon ab, wie viele Sendetürme bis dahin betriebsbereit sein werden. Der einzige mit Stromanschluss steht momentan in Curahuasi, aber noch sind ein paar Wochen Zeit.

Heute Nachmittag erhielten wir die erste Portion unserer Kurzausbildung. Nachdem ich gerne fotografiere, war das äußerst spanned. Im Studio bekamen wir die verschiedenen Perspektiven erklärt. Wenn etwa zwei Personen miteinander im Gespräch sind, wird das am besten im „plan bustal“ zum Ausdruck gebracht, in dem die Personen von der Brust an aufwärts zu sehen sind. Der obere Bildrand lässt zum Kopf hin einen Fingerbreit Luft.

Danach hatten wir großen Spaß beim Üben dieser Einstellungen, außerdem beim Bändigen der empfindlichen Zoomsteuerung und langsamen horizontalen Kamerafahrten(Pans) auf den Stativen.

Dazu kamen noch Grundlagen über die Art der während der Produktion verwendeten Absprachen zwischen dem Produktionsleiter (der im Gegensatz zu uns wirklich Kameramann, noch dazu mit viel Erfahrung, ist) und seinen Leuten.

Jetzt wird morgens gelegentlich geübt werden, indem das neue Team die morgentlichen Andachten aufnimmt. Da bin ich aber leider vorerst nicht dabei, denn Montag geht es für mich erst mal in den Urlaub.

Der hässlichste Adventskranz (der Welt?) und andere kreisende Gedanken

Wie kann man die Freude auf Weihnachten steigern?

Manchmal ist das mit der Freude gar nicht so einfach, wenn der Jahresendstress kommt und durch regelmäßige (zwei pro Woche) vorweihnachtliche Festivitäten verschiedener Qualität (hierbei gibt es erfahrungsgemäß insbesonders hinsichtlich der Plätzchen gravierende Unterschiede, denn die Skala reicht von Zementbröseln mit ausgetrocknetem Bauschaumtupferl bis hin zu saftigen Zimtsternen mit Eischneeüberzug, die um viele Zehnerpotenzen jünger als ihr Rezept sind) zudem ordentlich angefacht wird, so wie vermutlich auch dieses Jahr in Europa. Oder wenn es zu warm und zu hell ist, so wie zum Beispiel hier in Südamerika.

Wenn jemand wirklich auf der Suche nach weihnachtlicher Stimmung ist, dann würde ich empfehlen, sich eine ruhige Minute zu verschaffen und an allem festlichen vorbei zum Kern der Sache vorzudringen, also zum Jubilanten des anstehenden Jubiläums, zum Beispiel (aber nur zum Beispiel) durch das Lesen des alten Textes Jesaja 11. Der ist sogar so alt, dass er die Geburt Jesu, die ja auch schon wieder ein paar Jahre her ist, mit ein paar Jahrhunderten Vorsprung ankündigen kann. Ein kurzer Auszug für die, die dazu keine Zeit (Stichwort: Vorweihnachtsstress, eine höchst paradoxe aber existente Angelegenheit) haben, aber Lust gehabt hätten:

Und ein Reis wird hervorgehen aus dem Stumpf Isais, und ein Schössling aus seinen Wurzeln wird Frucht bringen. Und auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn, und sein Wohlgefallen wird sein an der Frucht des HERRN.

Klingt gut, würde ich sagen. Auf so einen Messias kann man sich durchaus freuen, besonders aus der heutigen Perspektive, dass er schon mal da war, sodass die Menschen sich von diesen Eigenschaften überzeugen konnten (nicht mal die Ungläubigen sagen Jesus schlechte Eigenschaften nach).

(Hier endet (fast)  der inhaltlich wichtige Teil des Beitrags)

Und wenn man dann zusätzlich zum Wichtigen in eine feierliche ruhige Stimmung kommen möchte, empfehle ich (das ist aber Geschmackssache), Motetten von J.S.Bach zu hören. Musikalisch kann nicht jeder etwas damit anfangen.

An dieser Stelle hilft so manche süßliche Geschmacklosigkeit aus, die die Adventszeit so unerträglich macht, dass Vorfreude auf den Festtag der einzige Ausweg bleibt. Dazu habe dieses Jahr auch ich meinen Teil beigetragen und präsentiere stolz den hässlichsten Adventskranz der Welt (oder zumindest eine Approximation).


Das Zentrum bildet als traditionelles Element eine einzige rote, hier bedauerlicherweise parfürmierte Kerze. Diese wird ökonomisch durch eine korrektere Anzahl von vier Teelichtern ergänzt, die der temporalen Indikatorfunktion der runden Dekorationsobjekte Rechnung tragen. Separiert werden die komplemetären Leuchtmittel durch einen Reigen recycelter Vegetation zum Ersatz der kanonischen grünen Nadelholzwindungen. Die gesamte Komposition ist auf einer silbernen PVC-Basisplatte aus dem Weihnachtssortiment eines Cusqueñischen Baumarktes arrangiert, die nicht nur das Kerzenlicht, sondern auch den ästhetisch seiner Klasse nicht gewachsenen Charakter des Advenzkranzes widerspiegelt. Aufgrund seiner optischen Eigenschaften kommt dieses Objekt noch mehr als vergleichbare Produkte vor allem im Dunkeln gut zur Geltung.

Warum ich ihn denn habe, wenn ich mich so über ihn beschwere? Weil er seine Funktion erfüllen wird. Ein kleines sichtbares Licht weist auf das große kommende Licht hin, an dem nichts auszusetzen sein wird.

Der Kern von Weihnachten ist gewisserweise geschmacksneutral, und zwar im positiven Sinne: Wer Plätzchen, Glühwein und beschaulichem Beisammensein im Kerzenschein nichts abgewinnen kann, der muss diese zartschmelzende Schokoladenumhüllung nicht erst ablutschen, sondern darf direkt zum zentralen Kern greifen, und diesen begreifen, das ist die Geburt des Messias in einem Stall. (Das war jetzt doch wieder wichtig)

Und: Ich habe nichts gegen Zimtsterne.

Schneller Untergang

Das erste Mal, dass ich in Peru einen Sonnenuntergang erlebt habe, war ich beeindruckt. Das geht nämlich ziemlich schnell. An meinem ersten Tag in Arequipa bemerkte ich einen Hauch von Abendstimmung und war noch am überlegen, ob ich nicht, solange es noch hell war, einen Spaziergang machen und die Stadt etwas kennen lernen mochte. Dann war ich kurz abgelenkt und als ich das nächste Mal aus dem Fenster sah, war es plötzlich ziemlich dunkel. Mir dämmerte, dass das an der besonderen Nähe zum Äquator liegen muss. Vorgestern habe ich dann den Sonnenuntergang rasch in einer Serienaufnahme dokumentiert, bevor er mir entwischen konnte.
Hier das entstandene Zeitraffer-Video:

Tipp: Haltet das Video an und schiebt dann den die aktuelle Position markierenden Knubbel hin und her, um beliebig vor- und zurückzuspulen.