Zur rechten Zeit

Ich bin nun seit über 22 Monaten in Peru.
Und über 21 Monate sind vergangen, seitdem ich meine Arbeit am Krankenhaus Diospi Suyana in Curahuasi aufgenommen habe.

Man kann leicht ausrechnen, wie wenig von meinen 2 Jahren Einsatzdauer damit noch übrig ist.

Die Frage ist: Was passiert hier, wenn ich weg bin?
„Nach mir die Sintflut“ wäre die allereinfachste Antwort. Zu einfach, denn eine „Sintflut Teil 2“ wurde vom Urheber explizit ausgeschlossen.

Deswegen hoffe ich schon länger auf einen Nachfolger.

Eine am 17. November vergangenen Jahres verfasste Suchmail an Karlsruher Freunde in der SMD verhallte ergebnislos.
Wir haben immer wieder Peruaner zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Die Vielversprechenden unter den Bewerbern wollten aber nie zu uns kommen, sondern haben gut bezahlte Jobs in den Großstädten Lima und Arequipa vorgezogen. Wohin es auch meinen einzigen Entwickler-Kollegen verschlagen hat.
Ein Australier, der Interesse gezeigt hat, hat leider nicht aufs Profil gepasst.
Das war etwa ein halbes Jahr vor dem Ende meiner Einsatzzeit. Unter einem halben Jahr kann es ein ausländischer Missionar kaum schaffen, einen Spenderkreis aufzubauen, Spanisch zu lernen und nach Peru zu kommen. Die Hoffnung auf einen direkten ehrenamtlichen Nachfolger war damit ziemlich sicher gestorben.

Und so habe ich die Hoffnung aufgegeben, einen Nachfolger noch mit eigenen Augen zu sehen und mich damit abgefunden, dass diese Frage außerhalb meines Verantwortungs- und Einflussbereichs liegt.

Wie lange bräuchte man, um einen Peruaner in diesen Job einzuarbeiten? Weil hier in Peru vor allem Microsoft-Technologien gelehrt werden (.NET-Framework) und wir quelloffene, geeignetere, Alternativtechnologien einsetzen, und weil Softwareentwicklung hier eher als Handwerk (mit bestimmten Werkzeugen) als eine (von Werkzeugen unabhängige) Wissenschaft gelehrt wird, sodass wir auch die Verwendung der anderen Werkzeuge/Sprachen/Technologien vermitteln müssen, hätte ich hier immer einen absoluten Mindestzeitraum von drei Monaten angesetzt.

Der letztmögliche sinnvolle Ankunftszeitpunkt für einen peruanischen Kandidaten wäre damit Anfang August.

Es ist kaum zu glauben, dass in der letzten Juliwoche eine Kandidatin, die erst kurze Zeit zuvor von Diospi Suyana erfahren hat, bei uns spontan zum Vorstellungsgespräch erschien. Entgegen aller Wahrscheinlichkeiten brachte sie Programmierkenntnisse mit, was hier nicht Standard ist, und uns viel sofort ihre schnelle Auffassungsgabe auf. Ihre Familie wohnt in der nächsten Stadt (Abancay), weswegen sie wohl nicht beim ersten Jobangebot fluchtartik in eine Metropole entschwinden wird. Und sie war bereit, am übernächsten Tag anzufangen. Ich bin seit letzter Woche dabei, sie einzuarbeiten. Die ideale Kandidatin, zum exakten Zeitpunkt.

Wie gerne wollen wir Menschen auf Sicht navigieren, und wie machtlos sind wir dabei im Nebel der Ungewissheit.
Und: Wie gut, dass Gott Radar hat.

Hier noch ein Foto, mit den beim Nationalfeiertag (wir mussten wieder marschieren, die restlichen Vier verreisten rechtzeitig und hatten damit eine Ausrede) anwesenden Kollegen.
Links die neue Mitarbeiterin, rechts mein Chef.

 

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