Vor dem Fest

Nach drei Wochen erholsamen Urlaubs (über die ich vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt schreiben werde) bin ich in ein Curahuasi zurückgekehrt, das schon voller Vorbereitung und Vorfreude auf das heutige Jubiläum blickte: Diospi Suyana wird 10 Jahre alt und der Präsident Perus hat sein Kommen zu den Festlichkeiten angekündigt. Das Jubiläum steht unter dem Motto „Solo Deo Gloria“ (allein Gott sei die Ehre) und nennt damit den Verantwortlichen für das Bestehen dieses wunderbaren Werkes (durch den hohen Besuch bedingt sogar medienwirksam) beim Namen. Ein Fest der Freude und der Dankbarkeit soll es werden.

Eingeladen wurden die Bewohner aus den umliegenden Dörfern. Für jeden der 4500 erwarteten Besucher haben wir gestern eine Tüte mit Sandwich, Getränk, Keksen und Stift vorbereitet. Die Fabrikation all dieser Sandwiches mit vielen Mitarbeitern in der Krankenhausküche nahm gestern den ganzen Tag in Anspruch. Als Salatschneider und Eintüter bekam ich in den etwa 8 Stunden einen Eindruck davon, wie mühsam die Speisung der 5000 auf nicht-wundersamem Wege ist.

Hier ein paar Belegte:

Außerdem beschäftigt uns der Lehrerstreik. Ungefähr Anfang Juli begannen die Lehrer landesweit einen Streik mit der Forderung nach besserer Bezahlung (dem sich später leider sogar die Ärzte anschlossen, die an öffentlichen Einrichtungen momentan nur Notfälle behandeln). Während in der Provinz Cusco schon eine Einigung erzielt wurde, steht sie anderswo noch aus. Die Lehrer haben eine Demonstration mit 3000 Personen Beteiligung angekündigt, weil sie natürlich den hohen Besuch ausnutzen wollen. Da die Demonstranten nicht notwendigerweise friedlich sind, war nicjt nur eine Störung unserer Feier, sondern auch ein Absagen des Präsidenten zu befürchten. Gestern sind Helikopter über Curahuasi gekreist, um die Sicherheitslage einzuschätzen. Heute sind welche gelandet, gleichzeitig waren Stimmen von Demonstranten zu hören… 

Ich würde gerne mehr schreiben, bekomme aber gerade einen Anruf vom Medienzentrum, dass ich beim Fotografieren helfen soll. Bis bald also

Was wir nicht können

¡Viva el Perú! Morgen ist der Nationalfeiertag, Fiestas Patrias. Der ist sehr wichtig und wird formal begangen. Schon jetzt sind beihnahe alle Häuser mit rot-weiß-roter Flagge geschmückt. Morgen wird ein Festakt auf dem Plaza de Armas stattfinden, bei dem alle wichtigen Institutionen, unter anderem alle Schulen, aber eben auch das Hospital marschieren. Verpflichtend die gesamte Belegschaft.

Während die Peruaner schon von Kindesbeinen an lernen, ebendiese Beine in gerader Linie und im Takt nach oben zu befördern, stellt das für den Deutschen, auch wenn er nicht linksautonom oder antideutsch ist, nicht nur eine seltsame, sich scheinbar übertrieben selbstdarstellende Handlung, sondern auch eine Herausforderung der körperlichen Koordination dar. Das stellte ich beim für ausländische Erstteilnehmer verpflichtenden Training am Dienstagnachmittag fest. Im Anzug bei Mittagshitze wird das bestimmt nicht einfacher. (Ich bereue meine Berufswahl zwar in der Gesamtbilanz nicht, aber Ärzte dürfen in weiß). Es mangelt mir am Können, um dem Anspruch des stolz seine Freiheit Feiernden zu genügen. (Meinen Kollegen sollte ich nach dem Training was vormarschieren. Ihr Kommentar: „Du bist doch kein Roboter. Sei einfach locker“).

Mich tröstete beim Betrachten dieses Zettels, dass dafür manch einer Schwierigkeiten mit Konsonanten hat:

Viele Grüße,

euer Cristhiam

Concierto in der Kapelle

Bekannte peruanische Band besucht Diospi und singt Psalmen, dass die Patienten mit den Krücken tanzen (das ist keine Übertreibung, leider habe ich aber kein Foto davon)!

(Natürlich gibt es ein kurzes Video, leider will es sich partout nicht hochladen lassen). Es sei jedoch gesagt, dass die Musik zur Tracht passt (traditionelle, Bergland-typische Rythmen und Instrumente) und ein ordentliches Tempo draufhat.

Copa de la Confederación

Was ein Glück aber auch, dass die Peruaner Animositäten mit den Chilenen hegen. So waren heute alle auf deutscher Seite. Meine Kollegen, Freunde und Brüder aus der Kirche waren gespannter auf das Spiel als ich, doch weil niemand von ihnen einen Fernseher mit DirectTV besitzt, versammelten wir uns in einem kleinen Restaurant mit zwei Bildschirmen (leider leicht zeitversetzt), das wir nach und nach fast komplett füllten. Wie praktisch, wenn die Spiele hier zur Mittagszeit stattfinden. Während der vergangenen Woche hatten wir schon in der Kantine während des Essens auf einen ruckligen Handybildschirm gestarrt und den chilenischen Sieg misgönnt. Es bleibt zu hoffen, dass sich Peru für die WM 2018 qualifiziert.

Ultraschallgerät, die Zweite

Vor weniger als zwei Wochen habe ich schon einmal Bekanntschaft mit diesem Ultraschallgerät gemacht (und hier publiziert). Während sich der „Patient“ damals nur beim Booten verheddert hatte, weil das Dateisystem korrupt war, was sich ohne root-Passwort nicht beheben ließ, denn das Embedded-Linux war bis auf den aktivierten CD-Boot wirklich gut gegen Reperaturarbeiten abgeschottet, wobei letzter problemlos die Neuinstallation der Originalsoftware ermöglicht hatte, wurde nun die Festplatte gar nicht mehr erkannt.

Aus diesem Grund rief mich der Gynäkologe Dr. Jens Hassfeld von seinem Sprechzimmer aus an, wohin ich mich dann auch begab. Wenige Männer suchen in solcher Häufigkeit zwecks Untersuchungen das Sprechzimmer eines Frauenarztes auf, es sei denn vielleicht sie sind in Begleitung einer schwangeren Frau da (was nicht der Fall war). Die Diagnose wurde dann auch nicht mittels, sondern am bildgebenden Gerät gestellt: Konsequente Ausfallerscheinungen am persistenten Speicher indizierten eine Festplattendisfunktion.

Der Eingriff wurde also etwas weniger minimalinvasiv, denn es musste eine neue (naja, besser gesagt: eine andere) Festplatte eingebaut werden. In der Medizintechnikabteilung zerlegten die unermüdlichen Kollegen André und Markus das empfindliche Gerät und entblößten schließlich eine IDE-Festplatte (Festplatten mit IDE-Schnittstelle baut man schon seit etwa 10 Jahren nicht mehr in neue Computer ein). Mildred aus dem IT-Support trieb aber schließlich in unserem Lager noch eine mit der richtigen Kapazität auf. Das ist wohl der (einzige) Vorteil daran, mit oft gespendeten, teilweise betagten Computern zu arbeiten und mit alten Komponenten einen Museumstrakt bestücken zu können, der jedoch meistens unter dem Namen ‚Bodega en el tercer piso‘ (Lager im dritten Stock, es handelt sich um das Nebenzimmer unseres Büros) geläufiger ist. Man muss der Fairness halber sagen, dass wir nicht nur alte PCs haben: In den Büros haben die Kisten unserem Bestreben nach mehr als einen Prozessorkern und oft Windows 7.

Nach dem Einbau funktionierte, Gott sei Dank, alles tadellos. Es war wohl wirklich nur die Festplatte schuld.

Die Bilder zu diesem Beitrag, zusammen mit einer weniger technischen Beschreibung des Vorfalls, hat manch einer bestimmt schon auf der Diospi Suyana Webseite entdeckt. Falls nicht:

www.diospi-suyana.de/eine-echte-heldentat-unserer-techniker/

Insiderinfo zum Foto: Den Vaginalschallkopf haben wir hinter dem Bildschirm versteckt. Er schien uns für den Testlauf weniger geeignet.

Rockt den Muttertag

Mütter spielen für die Gesellschaft eine wichtige Rolle. Nicht nur quantitativ (ohne Mütter stürbe die Menschheit aus), sondern vor allem qualitativ, denn sie Prägen durch die Erziehung ihrer Kinder die nächste Generation.

In Peru haben Mütter einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft als in Deutschland. In einem Ort wie Curahuasi haben die Mütter es aber in vielen Fällen besonders schwer, wenn zusätzlich zu einer ohnehin finanziell knappen Situation der Vater sich nicht für seine Familie verantwortlich fühlt, Frau und Kinder in vielen Fällen sogar misshandelt und sich nicht selten dem Alkohol zuwendet. Wenn die Mütter dann dafür kämpfen, ihre Kinder zu versorgen, verdienen sie allergrößte Anerkennung.

Wie in Deutschland gibt es auch hier zumindest einen Tag, an dem die liebevolle Arbeit der Mütter nicht als selbstverständlich angenommen, sondern bewusst gewürdigt wird. Müttern wird mit Blumen und Gebäck Dankbarkeit ausgedrückt. Außerdem ist der Muttertag Anlass zu ordentlichen, lautstarken Fiestas in Curahuasi, bei denen sich die Mütter mal so richtig austoben können. Ob die Väter währenddessen auf die Kinder aufpassen?

Unteres Bild: Kekse bis zum Horizont, die wir gebacken haben, damit die Kinder aus dem Kinderclub im nahegelegenen Dorf Carmen sie heute ihren Müttern schenken konnten.

Ende der „Unverbundenheit“

Seit Kurzem bin ich nach defektbedingter dreimonatiger Abstinenz wieder in Besitz eines Smartphones.
Durch dessen Hotspotfunktionalität geht damit die Verfügbarkeit von Internet bei mir zu Hause ein.
Das sollte es mir ermöglichen, wieder häufiger Lebenszeichen von mir zu geben.
Die Zeit, die ich früher dafür aufgewandt habe, haben natürlich längst andere Aktivitäten an sich gerissen.
Doch ich habe vor, sie teilweise dem Blog zurückzuerobern.

Überschwemmungen in Peru

Dass Peru von Überschwemmungen betroffen ist, hat es auch in die deutsche Presse geschafft.
Einige haben schon nachgefragt, darum möchte ich hier berichten, dass hier in Curahuasi nichts von alldem zu bemerken ist (obwohl wir recht nah an Machu Pichu dran sind).
Demnach, was ich sonst mitbekommen habe, ist vor allem der Norden Perus betroffen. Dort sind die Zustände ziemlich schlimm.

Der Pastor meiner Gemeinde wollte eigentlich seinem Sohn, der in Trujillo sein Studium beginnen möchte, beim Einzug helfen.
Insbesondere, weil viele Brücken weggeschwemmt wurden, war das nicht möglich.

Viele Menschen im Norden haben ihren ganzen Besitz verloren. Lasst uns für diese Menschen beten.

Noch nicht tot (oder zumindest nicht für lange)

Der Grund dafür, dass der Blog seit Januar keine Aktualisierung mehr erhalten hat, besteht darin, dass mein Handy den Geist aufgegeben hat, nicht mein Blog, oder gar ich.
Der USB-Anschluss ist seit Mitte/Anfang Januar mechanisch defekt, sodass ich es nicht mehr laden kann. Seitdem lebe ich vorübergehend ohne Smartphone, was weniger unmöglich ist, als ich dachte. Doch weil ich es auch für den Internetzugang mit dem Computer benutzt habe, fehlt mir nun auch dieser, was die Hemmschwelle zum Schreiben von Beiträgen erhöht hat, denn das müsste ich entweder von der Arbeit aus tun oder (wie jetzt) von einem Internetcafé aus.
Vermutlich finde ich demnächst Ersatz und kann die Beitragsfrequenz dann wieder erhöhen.

Frohes neues Jahr 2017!

Zurückblickend auf das letzte Jahr sehe ich viele Fußstapfen auf dem Weg nach Peru. Doch die Stapfen sind nicht tief, denn der Weg war erstaunlich gut geräumt. Ich bin rückblickend begeistert und im Blick nach vorne aufs neue Jahr hin motiviert.


Es ist ein bisschen wie auf dieser Feuerwerkslangzeitbelichtung, auf der mehrere Explosionen, die kurz nacheinander stattfanden (die Zündschnüre waren ab Werk in einer Leiterstruktur verbunden, das ist in Deutschland vermutlich nicht käuflich erhältlich), gemeinsam zu erkennen sind: Zusammengenommen bilden die Erlebnisse aus dem letzten Jahr ein wunderbares Ensemble.

Das kommende Jahr werde ich wohl komplett in Peru verbringen, dadurch zeichnet es sich aus.

Euch allen wünsche ich einen Start voller guten Mutes in ein glückliches und gesegnetes Jahr 2017.