Jetzt noch schnell bevor das Jahr zu Ende geht (ich habe noch ein paar Stunden Zeit) der versprochene Bericht über die Pizza, auch wenn das jetzt schon eine Weile her ist. Doch ich muss einfach loswerden, wie genial ich die Idee finde, auf dem Hausdach einen Ofen zu haben. Und zwar einen richtigen, wie auf dem Bild zu erkennen ist. Diese Einrichtung befindet sich auf dem Dach des Vermieters der Verlobten meines Arbeitskollegen und war die perfekte Voraussetzung für einen hervorragenden Pizza-Abend mit dem ganzen Team von Sistemas.
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Katastrophe
In Deutschland nähert man sich langsam aber sicher der längsten Nacht des Jahres. Hier auf der Südhalbkugel wirkt das Phänomen entgegengesetzt, hat aber aufgrund der Äquatornähe keine signifikanten Auswirkungen. Der Effekt eines besonders langen Tages wurde stattdessen durch das gleichzeitige Auftreten verschiedener technischer Störfaktoren verursacht, die die Arbeit der Anderen negativ beeinflussten. (Obwohl das sehr nebensächlich ist, kann man zusammenfassen, dass die für hohe Breiten typische Diskrepanz zwischen Tag- und Nachtlänge hier durch Computer wirkungsvoll simuliert wurde).
Alles Begann, als eine halbe Stunde vor avisiertem Arbeitsbeginn eine WhatsApp-Nachricht von Benjamin eintraf: Niemand könne sich am Rechner anmelden. Das ist schlecht. Ganz streng genommen, ist so eine Situation natürlich keine Entwickler-Aufgabe, andererseits schien mir das eine All-hands-on-deck-Situation: Im Fall des Falles schaufelt auch der Schiffskoch Wasser aus einem leckgeschlagenen Schiff. Also beschloss ich, die vom Vorabend übrig gebliebene Pizza auf dem Weg zu essen und den Arbeitsweg per Mototaxi vorzuspulen. Tatsächlich hatte unser geliebter Windows-200*-Server (das * zensiert eine Ziffer, die hier unmöglich genannt werden kann) den Dienst versagt und man war, als ich dazustieß, dabei, ihn neuzustarten. Seit einer halben Stunde. Das Schlimmste war wohl, dass niemand drucken konnte, ein Problem, dass wir gänzlich erst Abends gelöst bekamen (wir hoffen zumindest, dass es gelöst ist), als das meiste Personal gegangen war (zugegebenermaßen hatten auch die Druck-Probleme selbst diesen Zeitpunkt verzögert) und wir nach Belieben Neustarten konnten. Gemein an der ganzen Sache: Eigentlich hatten wir für diese Woche ohnehin angestrebt, den nun streikenden Server umzuziehen.
Drei der vier Gestalten, die das teilweise deutlich dunkler als gewohnte Gebäude verließen, waren trotzdem guter Stimmung. Doch einer hatte längst die Geduld verloren und eilte ungeduldig voraus. „Komm endlich, Papa“, sagte der mit 101cm größte Sohn (Das wurde in der Patientenaufnahme nachgemessen, als wir dort nach dem erhofften Ausdruck sahen. Dieses mal war er da.) des Chefs, der am Nachmittag eigentlich schon Urlaub gehabt hatte und am Abend extra wieder gekommen war, mit dem Sprössling im Gepäck.
Leider wissen wir nicht ganz genau, was die Ursache war, obwohl wir mehrere gefunden und beseitigt haben. Je schneller wir umziehen, desto besser.
PS: Die Pizza ist in diesem Beitrag viel zu kurz gekommen. Sie wird in einem anderen Beitrag gebührend erwähnt werden.
„Ich nehme den Kaiserschnitt“
Das sagte ich am vergangenen Donnerstag zur OP-Schwester. Das hatte aber gar nichts mit meinem schmalen Becken zu tun, ich bin ja gar nicht schwanger. Dass ich im OP-Trakt saß, hatte einen anderen Grund: Ich hatte soeben mit dem neuen Projekt begonnen, einer neuen Benutzeroberfläche für die Chirurgie, und einer meiner ersten Arbeitsschritte war gewesen, festzustellen, dass ich mir viel zu schlecht vorstellen konnte, wie Menschen im Operationssaal arbeiten. Wie wenig Zeit sie wohl haben? Wer die Tastatur überhaupt berühren darf? Wichtige Fragen, denn die umfangreichen Funktionswünsche umfassen nicht nur eine Erfassung des verbrauchten Materials per Barcodescanner und der minutengenauen Arbeitszeit (letzteres um einer neuen staatlichen Vorgabe zu genügen), sondern auch eine Zählkontrolle, damit keine Hilfsmittel unter der Bauchdecke vergessen werden. Doch wie funktioniert das eigentlich mit den Instrumenten? Und überhaupt, sagte der Professor nicht, man müsse die Arbeitsumgebung des Benutzers kennen?
Zu meiner großen Freude (und etwas überrascht war ich auch), wurde mein Wunsch, bei einer Operation zuzusehen, schon am nächsten Tag ermöglicht. In der Teeküche im OP-Trakt saß ich, ein wenig stolz auf die grüne Kleidung, inmitten von Enfermeros, die diese Tracht täglich tragen dürfen, und nach eine kurzen Andacht ruhig den Kaffee austranken, während sie über den Tagesablauf instruiert wurden. Ich wurde vor die Wahl gestellt: Lapraskopische Gallenblasenentfernung oder Kaiserschnitt. Meine Neugier zog mich ganz und gar nicht in Richtung des minimal-invasiven Eingriffs und so äußerte ich die titelgebende Präferenz. Weil ich, für den Fall des Falles (viele fallen beim Anblick von Blut bekanntlich um) vorsorglich auf einen Stuhl gesetzt wurde, habe ich den Schnitt leider verpasst. Danach Action: Operateurin und Assistenten ziehen scheinbar mit aller Kraft an breiten Metallhaken die Öffnung größer, aus der – welche Freude! – ein kleines Kind herausgehoben wird. Es zögert kurz und fängt dann zu schreien an. Ich kenne mich nicht aus, aber glaube, dass das ein gutes Zeichen ist. Es darf allerdings nicht zum Zuschauen bleiben, sondern wird von der Kinderärztin in Sicherheit gebracht. Dann wird die Plazenta herausgenommen. Weil ich noch bei Bewusstsein bin, verlasse ich den Stuhl und suche mir einen Platz mit besserem Blick aufs OP-Feld. Nach und nach werden die verschiedenen Schichten mit einer praktischen gebogenen Nadel zugenäht, die mit einer Pinzette immer wieder durch die zusammenzuführenden Gewebe geschoben wird. Schließlich ist alles zu, die Patientin wird in den Aufwachraum befördert und meine Aufmerksamkeit dem künftig zu digitalisierenden OP-Bericht gewidmet, den die Gynäkologin in diesem Moment niederschreibt.
Danach sehe ich mir noch den Rest der Gallenblasenentfernung im Nachbarsaal an, denn so schnell bekomme ich so eine Gelegenheit bestimmt nicht wieder.
Der Einblick beflügelt. Mitlerweile sind Benutzeroberflächenentwürfe entstanden, die am Donnerstag den zukünftigen Benutzern präsentiert werden können, die dann feststellen müssen, wo wir sie falsch verstanden haben und welche weiteren Wünsche ihnen vielleicht erst während der Präsentation eingefallen sein werden. Alles macht mir großen Spaß.
Retiro
Dieses Wochenende ist ein besonderes Highlight im Diospi-Suyana-Jahr, nämlich das Retiro-Wochenende, das zur Erholung und Erbauung der Mitarbeiter dient. Ein guter Ersatz für die SAFT (Semesteranfangsfreizeit der SMD), die ich schon vermisst habe. Im schöngelegenen Yucay bei Urubamba im Vallo Sagrado sorgt allein schon die Kulisse für den Erholungs-Teil. Und das Frühstück. Die gefrühstückte Energie wird benötigt, um sich auf die spanischsprachige Erbauung konzentrieren zu können. Schade, dass morgen ein ganz normaler Montag ist. Immerhin einer, den ich erbaut und erholt in Angriff nehmen kann.
Mit eigenen Augen
Heute habe ich das Hospital zum ersten Mal mit eigenen Augen gesehen. Zu Fuß lief ich die Panamericana entlang, bis am Ende des Ortes das Schild auftauchte (ganz weit hinten auf dem Foto):
Etwas größer:
Das Schild ist natürlich unwichtig. Allerding habe ich heute auch eine Führung durch das Krankenhaus bekommen und, was am wichtigsten ist: meine Kollegen kennen gelernt. Während der Führung habe ich die Augen offen gehalten und das Handy in der Tasche gelassen. Deswegen gibt es nur vom zukünftigen Büro ein Bild:
Leider habe ich kein Weitwinkelobjektiv, schon gar nicht am Handy, weswegen der dritte Arbeitsplatz nicht erkennbar ist (da arbeitet der Linux-Server-Guru). Demnächst kommt noch ein vierter dazu, meiner (ich habe Glück: ein Core i5 steht noch im Techniklager). Meine Aufgaben stehen jetzt quantitativ fest: 70% Ruby-Entwicklung an der Verwaltungssoftware und 30% Server-Administration, denn besagter Guru (er heißt Wil) wird uns leider im Januar verlassen. Bis Ersatz gefunden ist, muss ich seine Aufgaben übernehmen. Gut, dass ich so etwas noch nie gemacht habe ?. Er wird mich einlernen müssen. Noch eine interessante Beobachtung: die durchs Fenster (das Fenster ist übrigens (fast) das Einzige, das hier etwas mit Windows zu tun hat) scheinende Sonne. Netterweise hat man die IT nicht in den Keller sondern in den dritten Stock verbannt.
Und wo sind die besagten Kollegen? Sie sind schon aufgestanden, denn wir brechen gerade gemeinsam zum Mittagessen in der Kantine auf.
Diese Woche gilt es, die Wohnung fertig einzurichten und alles Nötige einzukaufen. Außerdem habe ich einen USB-Stick voller Material mitbekommen, um mich einzulesen, damit ich nächste Woche loslegen kann.
„Sind wir in Curahuasi?”
Das fragte ich heute den Fahrer des Colectivos. Als er bejahte, warf ich (nochmals) einen Blick auf die Tankstelle und die Häuser um mich herum. Obwohl ich schon gewusst hatte, dass Curahuasi um die 10.000 Einwohner hat, kam mir der Ort erstaunlich groß vor. Zum Glück wurde ich, als ich bei meiner Wohnung ankam, von meinem neuen Nachbarn (und Pflegedienstleiter des Hospitals) Harry erwartet und wir nahmen gemeinsam ein Spätstück ein. Bei einem nachmittäglichen Rundgang bekam ich ein grobes Bild vom Ort und habe auch das Nötigste gleich kaufen können (zum Beispiel Klopapier. Und Nudeln, für alle Fälle). Bei der Rückkehr lerne ich das Ehepaar Klemenz kennen. Ich habe schon viel von ihnen gehört:Udo Klemenz ist der Bauingenieur, der (unter anderem) den Bau des Krankenhauses beaufsichtigt hat. Außer Harry und mir wohnen noch zwei weitere Personen auf unserer Etage: Daniela ist die Apothekerin und Sandy eine Gynäkologin, die, anders als ihr Name es vermuten lässt, aus Lima kommt. Die Peruanerquote beim gemeinsamen Kochen, zu dem Harry abends alle eingeladen hat, liegt also bei 25% und wir verspeisen den Nudelauflauf auf Spanisch.
Ich lege mich schlafen (in ein paar Minuten) und bin froh, gut angekommen zu sein. Das ist nicht vor allem auf die kurvige Straße bezogen, deren Kurven zu schneiden eine Angewohnheit mancher entgegenkommender Lastwagen ist (Knapp daneben ist auch vorbei). Irgendwie geht mir gerade auf, dass spätestens jetzt aus der Idee, hierher zu kommen, Realität geworden ist. Offenbar muss ich daran gezweifelt haben.
Artikel auf der Diospi-Suyana-Webseite: „Ein Zuschauer begibt sich in die Arena“
Fast hätte ich es verpasst, denn es war so viel los: Auf der Diospi-Suyana-Webseite ist gestern ein Beitrag über mich aufgetaucht. Neue Mitarbeiter werden dort nämlich immer vorgestellt.
Den Artikel kann man hier lesen. Generell lese ich die News von Diospi-Suyana schon seit Längerem immer wieder gerne, denn es ist oft etwas Spannendes dabei.
Was mir am „Osterdienstag“ gar nicht so Spanisch vorkommt
Als ich am Samstag dabei war, meine Spanisch-Vokabeln zu wiederholen, stieß ich plötzlich auf das Wort esperar, das mir bekannt vorkam. Die Bedeutung, die ich schon gekannt hatte, lautet hoffen. Jetzt stellte ich fest, dass das gleiche Wort auch die Bedeutung warten auf hat. Dabei sind die beiden Worte im Deutschen sehr unterschiedlich: Meine Familie hoffte zum Beispiel auf gutes Wetter, um Ostereier zu verstecken, obwohl wir gar nicht wissen konnten, ob es nicht den ganzen Tag regnen würde. Sobald ich aber beim Warten auf einen Besuch eine Absage erhalte, ist mein Warten natürlich beendet (mir bleibt nur noch die schwammige Hoffnung, dass es vielleicht irgendwann einmal klappen könnte).
Hoffen funktioniert also im Deutschen auch rein spekulativ, Warten nicht. Aber im Spanischen ist Warten gleich Hoffen, nämlich esperar.
Das lässt sich hervorragend mit einer österlichen Interpretation bestücken: Oft wird von der Hoffnung etwa auf das Leben nach dem Tod gesprochen. Ich glaube, dass damit eine nicht-spekulative Hoffnung gemeint ist (versprochen ist versprochen), obwohl wir im Deutschen auch leicht Unsicherheit aus solchen Aussagen heraushören.
Blick durch das Fernglas
Vor ein paar Tagen meldete sich André bei mir. Er ist Techniker bei Diospi Suyana und wird mich als Pate bei meinen Vorbereitungen unterstützen. Dass ich ihn fragen kann, wird sich sicher noch als wertvoll erweisen, denn ich habe mich nie zuvor auf einen langen Auslandseinsatz vorbereitet, wohingegen er schon länger da ist.
In meiner Neugierde, und um Ihnen einen besseren Eindruck meiner Arbeit zu verschaffen, bat ich ihn um ein paar Photos, auf denen vorzugsweise auch Computer zu sehen sein sollten, und musste mich nicht lange gedulden: Nach fünf Minuten traf eine Email ein, deren Inhalt ich nur zu gerne mit euch teile, weil sie sogar für nicht-Nerds interessant sind: Es sind auch schnucklige Alpaca-Bilder dabei.
Die Webseite ist online
Der Ausgang einer Sache ist besser als ihr Anfang. (Pred 7,8a)
Wie Sie offensichtlich sehen, ist meine Webseite online. Manch einer meiner Informatik-Kommilitonen wird also zurecht anmerken, dass der Beitragstitel weitgehend redundant ist. Die Webseite ist für mich ein Schritt in Richtung Peru. Nur ein kleiner Schritt allerdings und deshalb wird dies ein kurzer erster Blogbeitrag bleiben. Darüber jedoch, wie es weiterhin vorangehen wird, werde ich Sie hier auf dem Laufenden halten. Allmählich gefüllt wird diese Seite so interessanter werden. Hoffe ich. Damit wäre Sie dann besser als am Anfang, womit erklärt ist, wofür ich das einleitende Zitat bemüht habe. Manch Bibelleser wird zurecht anmerken, dass es weitgehend aus dem Zusammenhang gerissen ist :).